Sabaton luden in die ZAG-Arena Hannover. Die Shows dieser Band sind eigentlich immer einen Besuch wert, also: auf, auf! Oder besser: Marsch! Marsch!
Konzertbericht: Sabaton am 02.05.2023 (Support: BabyMetal und Lordi)
Anmerkung: Die Fotos wurden in Frankfurt am 22.04.2023 gemacht. Der Fotograf ist nicht für den Textlichen Inhalt verantwortlich.
Radakteuer Text: Nana
Fotos: Detlev Steinhilber (Instagram, Facebook)
Info und Contentseite(n): Sabaton (HP), Babymetal (HP), Lordi (HP)
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Die ZAG-Arena in Hannover fasst zwischen 11.000 und 12.000 Zuschauer und ist auf dem Messegelände in Hannover. Parkplätze sind daher genug vorhanden. Die sind zwar nicht gratis, aber immerhin teilweise geöffnet. Mit Ticketpreisen von gut 60 € – ca. 85 €, war dieses Konzert aber ohnehin etwas für die besserverdienende Gesellschaft. Sabaton hatten zuvor großspurig mitgeteilt, man sei nun mit 16 statt 11 Trucks unterwegs und die Produktion umfasse gut 160 Beteiligte, was für sich spräche. Man durfte also Großes für gutes Geld erwarten!
Das Konzert selbst, war ein Nachholkonzert aus der Coronazeit. Die Musiker hatten ihr Geld also schon vor einiger Zeit erhalten und vielleicht auch schon ausgegeben.
Sehr schade war, dass die ursprünglich angekündigten The HU nicht mehr auf der Card standen. The HU hatten zu den Nachholterminen keine Zeit und so mussten sich Sabaton nach einer anderen Begleitung umsehen. Die Wahl fiel dann auf Babymetal.
Schon vor der Halle versuchten einige Bierstände und Bratwurstverkäufer noch schnell etwas an den Metalheads zu verdienen. In der ZAG-Arena dasselbe Bild: Bratwurst, Brezeln und Co. Die Getränkepreise einheitlich bei 5,50 €, egal ob Bier oder Cola.
Das Publikum war im Durchschnitt etwas jünger, als sonst auf Metal-Konzerten. Allerdings sind die Sabatonfans recht Verkleidungsfreudig. Ich weiß jetzt jedenfalls, was ein Soldatenhippster ist und, dass Tränenblechwesten den Attraktivitätsgrad von gewichtigen Mitfünfzigerdamen nicht erhöhen. Wieder was gelernt.
Natürlich fehlt auch bei den Merch-Königen der Branche der Merchstand nicht. Merch von Lordi oder Babymetal war nicht zu sehen. Also gab es Sabaton-Klamotten. Allerdings sind die Preise -wie immer bei Sabaton – lackgesoffen teuer. Für Hoodie oder Zipper ist man schnell mal mit 70 € pro Teil dabei, T-Shirts lagen bei 40 €. Das Etikett verrät: Hergestellt in Pakistan. Ein Label, dass die Sachen ohne Kinderarbeit hergestellt wurden, war aber bei der Stichprobe nicht zu finden. Puh. Ok.
Warum Sabaton Merch fast doppelt so teuer ist, wie bei allen anderen Bands, ist schnell erklärt: Die Band lässt in den üblichen Ländern produzieren, bringt die Sachen dann aber nach Limassol (Zypern), schlägt es dort um, damit die Band fast keine Steuern zahlen muss und versendet es von dort aus weiter. Diese extrem klimaschädliche Variante, lässt die Einnahmen der Band stark steigen. Es war zwar angekündigt, einen Vorteil, (vermutlich den wirtschaftlichen Vorteil der Steuerersparnis?) an die Fans weiterzugeben, leider war offenbar das einzige, was an die Fans weitergegeben wurde, der erhöhte Frachtpreis, weil alles über die Insel laufen muss. Damit wurde das Merch für die Fans nicht billiger, sondern fast doppelt so teuer.
Aber zurück zum Konzert:
Die Halle füllt sich langsam, die obersten Ränge waren gesperrt, die mittleren Ränge hatten noch große Lücken. Sabaton hatten vor einigen Wochen noch teure Karten für zwei Seitenränge ins Nachangebot genommen. Die Nachfrage war wohl nicht so groß, denn diese Ränge waren nur mit ca. 2-5 Personen besetzt.
Negativ fällt auf, dass kaum Ordner vorhanden waren, die den Zutritt zu den teureren Plätzen kontrollierten. Kontrolliert wurde der Golden Circle und der war auch nicht voll. Wer dort Headbangen wollte hatte, genug Platz dafür.
Punkt 19 Uhr ging das Licht aus und zur Verwunderung aller Fans, Lordi an. Wirklich jeder hatte damit gerechnet, dass Babymetal den Abend eröffnen würden. Weit gefehlt. Die Finnen hatten kaum Platz auf der Bühne sich auch nur zu drehen. An eine richtig dicke Show war unter diesen Umständen nicht zu denken. Technischer K.O. für Lordi. Schade.
Lordi brachten unter anderem „Lucifer Prime evil“ und „Who’s your daddy“ auf die Bühne, so gut es eben ging. Die Kostüme von Lordi sind nach wie vor aufwendig gestaltet. Auch, wenn es mich immer etwas an Klingonen erinnert, hat es doch einen guten Showeffekt. Die Band interagierte auch mit dem Publikum. Das wirkte aber sehr einstudiert.
Einige Lordifans hatten sich vor der Bühne platziert und eine finnische Flagge dabei. Es war schade, dass Lordi darauf eher genervt reagiert haben. Naja, vielleicht war die Stimmung einfach nicht ganz oben, weil man vor Babymetal auf die Bühne musste und damit auf der Card doch degradiert war. Um 19:40 Uhr beendeten Lordi ihren Auftritt mit „Hard Rock Halleluja“. Insgesamt wirkte der Auftritt etwas elanlos, um nicht zu sagen: runtergespielt und fertig.
Nach einer zwanzigminütigen Umbaupause marschierten dann Babymetal auf die Bühne. Babymetal ist eine japanische Band, die eine Mixtur aus japanischer Kultur und Metal ist. Das Ergebnis ist was ganz eigenes. Die Band ist in Japan gar nicht so unerfolgreich. In der europäischen Metalwelt fehlt da wohl noch etwas Verständnis für das, was Babymetal da so tun.
Jedenfalls standen plötzlich drei Mädels in Plisseerröcken und ganz viel Blinkblink auf der Bühne, machten Formationstanz und sangen auch. Die Stimmchen waren aber doch recht dünn. Das ganze begleitet, von schreddernden Gitarren und einer sehr chemischen Lightshow. Der Sound war nicht besonders, sodass ich sehr lange nachdenken musste, in welcher Sprache die Mädels wohl singen. Das ging nicht nur mir so. Nachdem die Band um 20:40 Uhr die Bühne verlassen hatten, waren durchaus bissige Kommentare, wie z.B. „Metal auf wish bestellt“ oder „hätt man sich sparen können“ zu hören. Ganz so schlimm war es nicht. Die ganze Show war durchchoreographiert und für Freunde des J-Pop/Metal bestimmt toll. Es ist schlicht nichts, was an die Art von Sabaton anknüpft oder irgendwie dazu passt. Da Babymetal gemeinsam mit Joakim Broden den Song „Oh!Majnai“ 2019 als Projekt veröffentlicht hatten, war ich gespannt, ob wir die Mädels dann später mit Sabaton gemeinsam sehen würden.
Um 21:15 Uhr begann dann die Show von Sabaton. Die Lücken auf den Rängen hatten sich nicht weiter gefüllt. Der golden Circle war etwas voller aber immer noch nicht ganz voll.
Die Bühne ist größer als 2020. Der Hintergrund besteht aus einem gigantischen Tuch, was halbrund aufgehangen ist. Oben drüber erstreckt sich eine riesige, nicht ganz zeitgemäße Leuchtschrift. Der Drumpanzer ist nun zentral auf der Bühne und die Treppchen wurden um 90 Grad gedreht. Beide Gitarristen haben ein Extrapodium bekommen. Die Querverstrebungen über der Bühne sind nicht mehr da. Zur Erinnerung: 5 Trucks und 50-60 Leute Crew mehr.
Ein Intro und ein Knall und dann wars finster. Wenn man dann überlegt: “soll das so oder ist da was kaputt“, dann ist das Showelement vielleicht nicht ganz optimal gelungen.
Die Jungs von Sabaton standen dann aber auf der Bühne, verschossen jede Menge Pyro und eröffneten die Show mit „Ghost devision“. Ein alter Song, der als Opener gut geht. Allerdings ist es etwas irritierend, wenn die Herren auf der Bühne mit der Band auf den Tourpromopostern nur noch entfernte Ähnlichkeit haben. Etwas weniger Photoshop wäre da vielleicht zu überlegen.
Es folgte: Standfußball in Metal.
Früh auf der Liste wurde „Bismark“ regelrecht verschossen, bevor die Fans wirklich warm waren. Niemand ruderte, niemand bildete Wellenbewegungen nach, nichts. Frontmann Joakim Broden war entweder nicht oder nur schlecht eingesungen, denn in den ersten Songs waren doch etliche Töne, bei denen man sich fragte, ob die da so hingehören, um nicht zu sagen, da fehlte scheinbar auch schlicht die Tonhöhe im Gesang. „Carolus Rex“ war zwar auf schwedisch gesungen, aber da stimmte nicht mehr viel vom Sound her. Schade. Sehr schade. Mit Fortschreiten der Show wurde das aber wenigstens etwas besser.
Beide Gitarristen wurden bei den Soli mit einer Art Heiligenschein ausgeleuchtet, was sehr seltsam war. Auffällig war, dass entweder Tommy Johansson inzwischen Klassen besser an der Gitarre ist, als Chris Rörland, oder Chris einfach einen schlechten Tag hatte.
Energie setzten Sabaton auf der Bühne nur sehr begrenzt frei. Mit Bewegungsunschärfe hatte jedenfalls niemand zu kämpfen, der Fotos machen wollte. Zu den Songs schluften die Herren teilwese einfach auf die Bühne, blieben lange stehen oder sangen gleich im Sitzen. Das war beim Konzert Januar 2020 noch anders. Zwischen den Songs wurde auch einfach mal selbstgefällig in die Menge geschaut und sich im Ruhm gesonnt. Die Lustlosigkeit der Band wurde leider auch von kurzen Spurts nicht überdeckt.
Die Gasmasken wurden auch nur noch proforma für etwa 30 Sekunden kurz aufgesetzt, dann war dieser Showeffekt vorbei.
Die weiteren Showsequenzen fanden fast ohne Beteiligung der Band statt. Sabaton hatten schlicht zwei Statisten engagiert, diese gefühlt 3 mal bei Mil Tec eingekleidet und wohl von irgendwem kleine Szenen schreiben lassen, was die Jungs da so machen sollten. Z.B. mit einem Fernglas in der Luft rumschauen, ratlos vor einer Schultafel stehen oder sowas in der Art. Die Band ließ also die Show laufen ohne selbst Teil davon zu sein.
Bei „Red baron“ wurde das Harmonium -wie immer- auf die Bühne gefahren. Ich denke, es war nicht mal angeschlossen. Auch da saß einer der Statisten und tat so, als würde er spielen.
Sabaton hatten dann als Showeffekt für den „Soldier of Heaven“ Schneekanonen aufgebaut und sauten die Fans im golden Circle ordentlich ein.
Interaktion mit dem Publikum fand nur wenig statt und war vollständig eingeübt und geplant. Die Scherze sind auch seit Jahren dieselben.
Gegen 22:15 Uhr trat dann Bassist und Manager Pär Sundström ans Mikro und erzählte mit verschränkten Armen etwas über die Chartplazierungen und Problemen mit Werbepartnern während der letzten 15 Monate. Kaum jemand wollte für Sabaton werben. Na, wenn das mal nicht an der Verbindung zur sehr prorussisch geprägten Stadt Limassol lag, in deren Society sich die Band sichtlich wohlzufühlen scheint (und einer klitzekleinen kriegerischen Auseinandersetzung mit russischer Beteiligung). Egal. Für einen furchtbaren Moment dachte ich jedenfalls, er würde nun ersthaft den Geschäftsbericht durchgehen wollen.
Es folgte dann noch „Christmas truce“ und die reguläre Show war um 22:30 Uhr nach 1 Stunde und 15 Minuten zu Ende.
Dann: die obligatorische Zugabe mit „Primo victoria“, einer unendlich lang gezogenen Version von „Swedish Pagens“ (ja, auch der Song wird nach über 11 Minuten irgendwann langweilig) und „To hell and back“. Kurz vor 23 Uhr war es dann vorbei, wobei etliche Metalheads die Halle bereits verlassen hatten.
Im Vergleich zu früheren Shows, war diese Show einfach nur lieblos und lustlos runtergenudelt. Songs wie „Seven pillars of wisdom“, „Devil dogs“, „82nd all the way“, „Shiroyama“, „Night witches“, „The Lion from the north“…alles eingespart. Wer gehofft hatte, die eigens für Livgardet angefertigten Gitarren sehen zu dürfen, wurde enttäuscht. Nachdem Kritik laut geworden war, dass es sich bei dem Song um ein altes schwedisches Kinderlied handelt, ist es eher in den Hintergrund getreten und die Band hat die schicken Gitarren gleich ganz zu Hause gelassen.
Ein absolutes No-Go war es, keine gemeinsame Perforence mit Babymetal zu machen, sondern den Juniorpartner auf seinen Platz zu verweisen. Wenn man schon irgendwie was zusammen macht und gemeinsam auf Tour ist, dann steht man auch dazu und bringt es auf die Bühne.
Stimmung kam während der ganzen Show weder bei der Band noch beim Publikum auf. Niemand wurde vom Hocker gerissen, wer einen Sitzplatz hatte, blieb auch sitzen. Von einigen Seltsamen abgesehen, die sich ähnlich benahmen, wie mit 13 auf einem Take That Konzert.
Und das alles von einer Band, die sich selbst doch ein wenig überheblich als größte Metalband Europas bezeichnet. Hoffentlich haben Iron Maiden, Judas Priest und Nightwish das nicht gehört.
Sabaton scheinen keine fünf Freunde mehr zu sein. Ich bin der Meinung, es war deutlich: Niemand von denen wollte an diesem Abend auf der Bühne stehen. Elanlos, ein paar Coronakilos zu viel auf den Hüften und längst nicht mehr so frisch, wie in jüngeren Jahren, scheint die Motivation wohl irgendwo on the road verloren gegangen zu sein. Aber das ließ sich ja schon erahnen, als das letzte Album nach Ankündigung noch über ein Jahr auf sich warten ließ. Seit 2019/2020 geht es stramm bergab mit Sabaton. Ob das noch mit Corona zu erklären sein kann?
Vielleicht täte dieser Band eine lange, lange Pause sehr gut, um nicht zu sagen: Wer sich so auseinander gelebt hat, sollte über Scheidung nachdenken.
Fazit 1: Drei Bands ohne Elan, Lust und Kraft, die mehr oder weniger gelangweilt 08/15 runtergerissen haben. Nicht mal die Witze waren neu. Schade ums Geld. Passiert mir nicht nochmal.
Fazit 2: Im Vergleich zur Show 2020, eine schlechte Leistung. Im Vergleich zu 2015 eine Selbstdemontage. Was ist nur aus Sabaton geworden?